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Der Weg zum Metrischen Maßsystem.


Einführung

Mit dem Ende des Römischen Reiches, und hier vor allem des Weströmischen Reiches im Jahre 476 n. Chr., kam leider auch endgültig das Ende des kontrollierten einheitlichen Maß- und Gewichtswesens. Zwar gab es immer mal wieder Versuche durch die Fränkischen, sowie auch später durch die deutschen Kaiser die Maße und Gewichte zu normieren. Jedoch wurden ihre Bestrebungen nach einem einheitlichen System von den aufstrebenden Fürsten und Freien Städten unterlaufen, da sie die Aufsicht über die Maße und Gewichte hatten, da ja die Kaiser meistens weit weg von Deutschland in Italien lebten. In den unterschiedlichen Orten und Regionen des Deutschen Reiches waren zwar die Namen der Maße und Gewichte gleich und sie hatten auch die gleiche Bedeutung, aber ihr Maßinhalt war sehr verschieden. Auch die Grundherren auf dem Lande, welche die Aufsicht über die Maße und Gewichte innehatten, trugen ihren Teil dazu bei, die Vielfalt der Maß zu erhöhen. Die Abgaben an den Grundherren hatten grundsätzlich gehäuft zu erfolgen. Um nun ihre Einnahmen aufzubessern, gingen einige Grundherren daran, neue Maße einzuführen, welche schon gestrichen die Menge des alten gehäuften Maßes enthielten. Der sorglos und unachtsame Umgang mit den Eichgefäßen und Ur-Maßen sowie deren Nichtgebrauch trugen ebenfalls über die Jahrhunderte dazu bei, die Anzahl der Varianten zu erhöhen.

Noch vor zweihundert Jahren wurden überall auf der Welt sehr unterschiedliche Maße benutzt. Allenfalls innerhalb der Grenzen eines Staates waren die Maße einheitlich. Aber die Staaten waren damals klein! Allein in Deutschland gab es über hundert verschiedene Fußmaße zwischen 25 cm und 35 cm. Durch den dauernden Zwang zum Umrechnen war der Handel über die vielen Grenzen hinweg teilweise ganz erheblich behindert. Bei Ruthe und Klaftern ist das Problem der von Ort zu Ort verschiedenen Maße eher klein, denn damit wurden Dinge gemessen, die nicht für den Fernhandel vorgesehen waren. Im Fernhandel spielten unterschiedliche Gewichte die größere Rolle. Um das Land zu vereinen und den Warenverkehr im Innern zu erleichtern, mussten dringend einheitliche Maße und Gewichte geschaffen werden.

Doch das war kein Problem, was nur Deutschland betraf, sondern in den anderen europäischen Ländern sah es nicht viel besser aus, überall ein einziges Mess-Wirrwarr und alle Versuche, ein System zu finden, mit dem alle leben konnten, scheiterten kläglich. Man besann sich auf das, was schon da war und sich in der Messwissenschaft längst als Referenzmaß durchgesetzt hatte sowie allseits als Vergleichsmaß Verwendung fand, das Meter. Der Umstand, dass ausgerechnet Griechenland im Jahre 1836 die metrischen Maße per Gesetz einführte, war für die europäischen Länder ein Fingerzeichen, das Wirkung hinterließ. Den letzten Anstoß gab die Pariser Welt-Industrie-Ausstellung im Jahre 1855 die die Notwendigkeit nochmal verstärkte endlich ein gemeinsames international geltendes Maß zu finden bzw. festzulegen. Jetzt wurde das Problem endlich ernsthaft von den Regierungen angegangen, da man erkannt hatte, das vor allem die Industrialisierung und der internationale Handel extrem unter diesem Problem litten. Über mehrere Konferenzen auf nationaler und internationaler Ebene ging es für heutige Verhältnisse damals sehr schnell, man brauchte nur ganze 20 Jahre und das, obwohl man noch Tage mit der Kutsche oder Dampflok unterwegs war.

Ursprung des Metrischen Maßsystems.

Das Maß Wirrwarr blieb bis zum Jahre 1875 erhalten, doch 1790 wurde in Frankreich der erste Grundstein zu einer Veränderung gelegt. Als im zeitlichen Zusammenhang mit der Französischen Revolution der Gedanke der „Fraternité” anfing, eine Rolle zu spielen, taucht auch die Idee auf, den Wirrwarr der Maße und Einheiten durch ein von allen Menschen akzeptiertes Maß- und Einheitensystem zu ersetzen. Das System der Maße und Gewichte des Ancien Régimes war verhasst und sollte durch ein neues System ersetzt werden.
Weitere Idee: Die dem Maß zugrunde liegenden Grundeinheiten sollten nicht wie bisher körperlich repräsentiert, sondern durch eine Definition festgelegt werden, damit sie überall reproduziert werden können. Damals stellte Charles-Maurice de Talleyrand in der Pariser Nationalversammlung den Antrag auf eine allumfassende Maßregulierung.

Der Franzose Prieur du Vernois schlug im Februar 1790 vor, als Längeneinheit die Länge des Sekundenpendels in der Sternwarte von Paris zu benutzen. Damit sollte das erste Mal eine Maßeinheit eingeführt werden, die von bloß allgemeinen Naturgesetzen bestimmt wurde und die jederzeit reproduzierbar ist. Sie hatte allerdings den Nachteil, nur für Paris zu gelten, denn die Länge des Sekundenpendels hängt von der Schwerkraft ab, die aber nicht überall auf der Welt gleich ist. Außerdem konnte man damals die Sekunde nicht exakt genug bestimmen. Eine Kommission aus Mitgliedern der französischen Akademie der Wissenschaften (Académie des Sciences) stellte 1791 fest, dass wohl keine der damals gebräuchlichen Längeneinheiten eine Chance hätte, als international gültiges Maß gelten zu können. Bei jeder Wahl eines nationalen Maßes wären immer wieder irgendwo nationale Gefühle anderer verletzt worden und deshalb beschloss am 26. März 1791 die verfassungsgebende Versammlung in Paris auf Vorschlag der Académie des Sciences (Akademie der Wissenschaften) die Einführung eines universellen Längenmaßes.

Man legte daher fest, dass der zehn millionste Teil des Abstandes vom Nordpol zum Äquator, also ein Viertel des Erdmeridians, das zukünftige einheitliche Längenmaß sein sollte. Man muss sich damals zumindest über die ungefähre Länge dieser zukünftigen Einheit im Klaren gewesen sein, denn eine exakte Messung war ja noch gar nicht erfolgt. Einen Namen für das neue Maß legte man im Nationalkonvent bereits am 1. August 1793 gesetzlich fest. Es sollte keinen Bezug zu den alten maßen haben und wegen der damals sehr großen Affinität zur Antike wählte man auf Vorschlag Bordas, Metron das griechische Wort für Maß als Namen, woraus sich dann alle anderen nationalen Maßbezeichnungen ableiten sollten. Das im Deutschen benutzte Wort „Meter” heißt also einfach nur „Maß” und daher eigentlich nicht der Meter, sondern das Meter.

Seit dem 7. April 1795 war der Meter mit einem provisorischen Wert von 443,440 Pariser Linien, in Frankreich die gesetzliche Längeneinheit. Die Herstellung des provisorischen Urmeters aus Messing als Prototyp erfolgte aufgrund der noch nicht beendeten Messung des Meridianbogens durch die beiden französischen Astronomen und Vermesser Delambre und Méchain. Die Triangulation auf der Strecke von Dünkirchen über Paris bis Barcelona brauchte durch die Wirren des französischen Bürgerkrieges nach der Revolution länger als gedacht, aber am 22. Juni 1799 konnten Delambre und Méchain nach Fertigstellung der Messungen das neue definitive Ur-Meter dem Archiv der Französischen Republik übergeben, wo es sich bis heute befindet. In Wirklichkeit beträgt der Umfang eines Meridians nicht 40.000 km, sondern ca. 40.009 km. Folglich wurde das Urmeter um ca. 0,2 mm zu kurz bestimmt. Gemessen an den Umständen der Vermessungsexpeditionen war das ein erstaunliches Ergebnis. Oder anders gesagt, den ganzen Aufwand hätte man sich auch sparen können, denn dass was man am Ende hatte, war wieder bloß ein verkörperlichtes Maß und zwar des in Paris angefertigten Platinstabs. Aber durch den „universell gedachten Ansatz“ für ein neues Maß hatte das Meter eine reale Changs in die Geschichtsbücher einzugehen.

In Frankreich wurde am 10. Dezember 1799 die Vereinheitlichung der Maße und Gewichte von der Nationalversammlung durch Dekret (Gesetz) beschlossen. Die Regelungen dazu wurden von einer Kommission mit 26 europäischen Gelehrten ausgearbeitet. Die Maße und Gewichte sollten in Zukunft auf einer natürlichen Größe beruhen und ein festes unveränderliches Normalmaß darstellen. Der „Mètre” wurde als zehn millionster Teil des Erdmeridianquadranten definiert und auf 443,296 Pariser Linien festgesetzt. Das „Kilogramme” wurde als Gewicht eines Würfels von 0,1 Meter Kantenlänge aus reinem destilliertem Wasser von 4° Celsius (größte Dichte) und der „Litre” als Inhalt eines Würfels von 0,1 Meter Kantenlänge definiert. Ur-Meter und Ur-Kilogramm wurden als internationale Prototypen aus einer Platin-Iridium-Legierung hergestellt und in Paris aufbewahrt.

In der Festlegung der zehn millionste Teil mag schon die weitere Festlegung einer dezimalen Teilung und Vervielfachung anklingen. Mit dem Beschluss, das Dezimalsystem (die Zehner Bündelung) zu benutzen, um größere oder kleinere andere Einheiten zu gewinnen, bewegte man sich von der damals herkömmlichen Unterschiedlichkeit der Teilungen fort. Das von der Kommission vorgeschlagene Maß erfüllte die wichtige Bedingung vollständig neu, unabhängig von nationalen Festlegungen und (zumindest theoretisch) jederzeit reproduzierbar zu sein. Die gewählte Länge war zudem auch noch dadurch besonders praktisch, weil sie sich von Menschen leicht begreifen, also mit den Händen fassen ließ! Die Länge des neuen Maßes, das Prieur du Vernois 1790 als Maß vorgeschlagen hatte, lag sogar auch noch dicht an der Länge des Sekundenpendels.

Der große flämische Mathematiker Simon Stevin, Wegbereiter der modernen Mathematik, hatte schon 1585 ein rein dezimales Maßsystem vorgeschlagen und er war sich sicher, dass die allgemeine Einführung eines dezimalen Maßsystems nur eine Frage der Zeit sei, womit er schließlich Recht behielt. Allerdings konnte er nicht wissen, dass es noch über 200 Jahre dauern sollte.

Langwierige Messungen, die bis zum Jahr 1800 andauerten, führten dann zur genauen Festlegung der neuen Längeneinheit. Am 29.11.1800 wurde das Meter in Frankreich verbindlich eingeführt. Es wurde durch einen aus Platin bestehenden Stab verkörpert. Allerdings wurde abweichend von der Vorschrift "1 Meter ist der zehn millionste Teil des Abstand Pol-Äquator" der Abstand von zwei auf diesem Stab eingeritzten Linien als 1 Meter definiert. Indem man die gefundene Länge körperlich repräsentierte und dies als Referenz festlegte, tat man also eigentlich wieder einen Schritt in die bereits überwundene Vergangenheit zurück. An der Verkörperlichung des Maßes hat sich bis heute nichts geändert, wir nutzen zum Messen immer noch einen Stab oder ein Band mit eingeritzten Linien, die das Maß symbolisieren. Den nur so ist das Maß auch greif bar.

Doch Frankreich war nicht nur die Nation, die das Dezimale metrische System erfand und als Erste anwandte, es war schließlich auch die Erste, die es wieder abschaffte. Noch jahrelang nach seiner Einführung schmähten es die Bürger und beharrten auf ihren alten lokalen Maßen in ihren lokal begrenzten Wirtschaftssystemen, in welchen sie arbeiteten und dass sie ernährte. So wie die Revolutionäre Zeit- und Kalender Reform, so scheiterte auch die Maßreform im normalen Alltag der Anwendung. Die Isolation des Maßes, es galt ja nur in Frankreich und in ein paar besetzten Gebieten, brachte den Menschen keinen Vorteil gegen über den alten Maßen. Konfrontiert mit dieser Revolte von unten, ließ Napoleon seine Nation, am Vorabend seiner Invasion Russlands 1812, wieder zu den alten Pariser Maßen des Ancien régime zurückkehren. Auch militärische Anwendungsgründe werden da eine Rolle gespielt haben. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts kehrte Frankreich wieder offiziell zum metrischen System zurück, aber der parallele Gebrauch von einigen alten Maßen sollte sich bis ins 21. Jahrhundert erhalten, auch in Deutschland. Wer kennt sie nicht, Pfund, Dutzend oder Bund, alles Maße die man auf jedem Markt oder Basar auch heute noch antrifft. In Frankreich wurde am 04.07.1837 die allgemeine Einführung des metrischen Maßsystems als Gesetz erneut beschlossen, weil bis dahin auf dem Lande weiterhin alte Maße und Gewichte benutzt wurden und ab 01.01.1840 wurden alle andersartigen Maße per Gesetz endgültig verboten. Es kalt nun offiziell nur noch das metrische System in ganz Frankreich, doch damit war man allerdings erst der 5. Staat der Welt, der das metrische Maßsystem eingeführt hatte.

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Preußen


Der Weg zum Metrischen Maßsystem in Preußen.

Die Kulmer Handfeste war eine Stadtrechtsverleihungsurkunde die ausgestellt wurde für die im Bereich des Deutschen Ritter Ordens gelegenen Städte Kulm (Chełmno) und Thorn (Toruń). Sie bildete das Muster für fast alle, ihr nachfolgenden Stadtrechts Verleihungsurkunden im mittelalterlichen Preußen, zur Zeit des Ordens. Das Alt-Kulmische Maß, es galt von 1233 bis 1577, ist eine Maßeinheit nach dem kulmischen Stadtrecht und Ur-Maß in Kulm und Umgebung in der Ordenszeit sowie in den anfangs Jahren des jungen Preußens. Durch die kulmische Handfeste vom 28. XII. 1233 führte der Orden, nach Vorbild des flämischen Maßsystems, ein einheitliches Maßsystem für das Gebiet des Deutschen Ritter Ordens amtlich ein, das danach als das Alt-Kulmische Maß genannt wurde. Die Maßeinheit, die kulmische Elle, wurde am Kulmer Dom durch Marken für alle zugänglich verankert.

Von 1577 bis 1721 galt das neukulmische Maß in Preußen. Im Herzogtum Preußen wurde die Grundmaße des "Alt-Kulmischen Maßes" etwas verlängert, um es anderen häufig gebrauchten Maßen anzugleichen. Dieses Neu-Kulmische Maß wurde durch Verordnung vom 27. 2. 1577 eingeführt. Das Neu-Kulmische Maß von 1577 entspricht weitgehend dem Alt-Kulmischen Maß.

Von 1721 bis 1755 galt das Oletzkoische Maß in Preußen, das vom Herzog Albrecht von Brandenburg-Preußen eingeführt wurde. Es ist nach dem Gebiet um die Stadt Marggrabowa und Schloss Oletzko in Ostpreußen benannt. Nun wurde das Neu-Kulmische Maß wieder durch ein etwas Kürzeres, dem Oletzkoischen Maß ersetzt, wobei aber unter bestimmten Bedingungen die älteren kulmischen Maße nach 1755 wieder nebenher angewandt wurden.

Von 1755 bis 1793 galt zwar das Magdeburger Maß (duodezimal) in Preußen, das von Friedrich Wilhelm II. eingeführt wurde, aber bei Adeligen, Cöllmischen, Frei- und Schatull-Gütern war noch das neukulmische Maß und bei königlichen Bauerngütern das oletzkoische Maß in Gebrauch. Nur bei königlichen Domänen wurde schon das magdeburgische Maß (duodezimal) genutzt. Diesem unhaltbaren Zustand machte das königliche Feldmessreglement vom 28. 5. 1793 ein Ende, das alle Messungen nach Magdeburger Maß anordnete, und zwar in der bisherigen Duodezimalteilung. Von 1793 bis 1813 galt in Preußen nur noch das magdeburgische Maß (duodezimal) und ab 1813 galt dann das magdeburgische Maß (dezimal). Dieses magdeburgische Maß (dezimal) wurde ab 1813 als preußisches Maß bekannt.

Ab 1816 galt zwar immer noch das magdeburgische Maß nach dem Dezimalsystem, besaß aber nun unter der neuen Bezeichnung „Preußisches Maß” in ganz Preußen Gültigkeit. Bei dem preußischen Maß von 1816 bleiben Ruthe und Meile gleich dem Magdeburger Maß (Duodezimalsystem), aber nach Vorbild des neuen französischen, metrischen Systems wurden die kleineren Einheiten durch dezimale Teilung erreicht. Die Preußische Maß und Gewichtsordnung vom 16. Mai 1816 legt die Größen anhand des Pariser Normalmeters und des Normal-Kilogramms fest.

Bei der Definition der Linie durch dezimale Teilung des Zolls wird sie in 100 Punkte geteilt, bei der Definition durch duodezimale Teilung wird die Linie in 144 Punkte gegliedert. Das Grundmaß für den preußischen Staat ist der preußische Werkfuß. Der Zoll, nach dem der Zollstock benannt ist, hat seinen Namen vom mittelhochdeutschen zol = Knöchel. Ihm legte man die Daumenbreite zugrunde. Er ist 1/12 des Fußes bei duodezimaler Teilung oder 1/10 bei dezimaler Teilung. Auch der Zoll wird in eine kleinere Dimension zerlegt, in die Linie. Die dezimale preußische Teilung gab dem Zoll 10 dezimale Linien und die duodezimale preußische Teilung gab dem Zoll 12 duodezimale Linien.

Das Metrische Gewichtsmaß des Deutschen Zollvereins ab 1834.

Noch im Jahre 1800 bestand das Heilige Römische Reich Deutscher Nation aus ca. 300 mehr oder weniger souveränen Fürstentümern, die alle unabhängig vom Reich ihre eigenen Gesetze gestalten und erlassen konnten. Dies betraf natürlich auch die Gestaltung der Zollgesetze, was den Handel untereinander im Reich enorm erschwerte und die Kosten der Handelswaren enorm verteuerte, was wiederum den Handel unrentabel machte. Unter den hohen Kosten hatte vor allem die eigene Bevölkerung besonders zu leiden. Allein in Preußen galten zum Ende des 18. Jahrhunderts über 60 verschiedene Zollsysteme mit ca. 3000 Handelsklassen nebeneinander, deren Einhaltung und Durchsetzung durch unzählige Zollgesetze und bewachte Zollgrenzen erreicht wurden. Aber der Handel wurde im Reich auch durch die vielen unterschiedlichen Maße und Geldsorten behindert.

Mit dem Sieg über Napoleon folgte das sogenannte Zeitalter der Restauration, was aber nur teilweise zutrifft. Ein Zurück zu Zeiten vor Napoleon gab es weder in Preußen noch im Reich, aber alle weiteren Reformen mussten sich der Neuorganisation des Staates und der Beseitigung der verheerenden Kriegsfolgen unterordnen. Um den preußischen Binnenhandel anzukurbeln, wurden 1816 einheitliche Maße eingeführt und 1818 alle Binnenzölle abgeschafft, das waren immerhin 57, aber noch entscheidender war der Wegfall aller noch bestehenden Zollschranken zwischen Stadt und Land. Preußen schuf sich damit ein einheitliches Zollgebiet und ging zum Freihandel über.

Auf dem Wiener Kongress wurde nach dem Sieg über Napoleon aus den ehemaligen ca. 300 souveränen Fürstentümern des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation der Deutschen Bund geformt, der aber nur noch aus 39 souveränen legitimen Einzelstaaten bestand. Am 8. Juni 1815 wurde unter Vorsitz Österreichs mit der Ausfertigung und Besiegelung der Bundesakte die Gründung des Deutschen Bundes vollzogen. Diese 39 Einzelstaaten des Deutschen Bundes waren allerdings vollkommen souverän in ihrem politischen Handeln, wodurch gemeinschaftliche Projekte oft blockiert oder gleich ganz verhindert wurden. In Artikel 19 der Bundesakte wurden bundeseinheitliche Lösungen von Zoll- und Handelsfragen in Aussicht stellte und seit 1816 wurden auch diesbezügliche intensiv Verhandlungen geführt, aber es kam weder zu einer politischen noch zu einer wirtschaftlichen Einigung innerhalb des Deutschen Bundes. Jeder wollte sein eigenes Süppchen kochen. Preußen hatte aber frühzeitig die Notwendigkeit einer überregionalen Zusammenarbeit in Zollfragen im Deutschen Bund erkannt, die Erfahrungen aus der eigenen Zollreform machte für Preußen die Einrichtung eines gemeinsamen Zollgebietes alternativlos. Wenn man von den sich anbahnenden Fortschritten der industriellen Revolution profitieren wollte, musste man große wirtschaftliche und soziale Umwälzungen herbeiführen. Durch schwierige, zähe Verhandlungen kommt es aber 1833 zu einem Zollverbund von 18 Staaten mit einer Bevölkerung von 23.478.120 Menschen (Stand 1834) innerhalb des Deutschen Bundes.

Die Zollvereinsstaaten erlebten einen rasanten Aufschwung in Handel, Gewerbe und Industrie. Sie vollzogen den Übergang von der kleinteiligen gewerblichen Wirtschaft zur modernen Industrie. Der Wegfall der Binnenzölle ermöglichte erst das Entstehen von industriellen Ballungsräumen wie dem Rhein-Main-Gebiet. Aber auch durch die gemeinschaftliche Zollverwaltung können die Mitgliedstaaten ihre Zolleinnahmen und damit ihre Gewinne erheblich steigern. Die kleineren Staaten profitieren darüber hinaus nicht nur von einer funktionstüchtigen preußischen Zollverwaltung, sondern auch von einem höheren Konsum innerhalb des preußischen Staates. In Preußen selbst hingegen sanken die Gewinne in den ersten Jahren des Zollvereins, was die Gründungsväter des Zollvereins allerdings vorausgesehen hatten und Preußen gerne als Gegenleistung für die politischen Vorteile in Kauf nahm. Selbst in schwierigen politischen Zeiten hat der Zollverein immer zusammengehalten. Es entstanden im Zollvereinsgebiet aber nicht nur viele industrielle Ballungsräume neu, sondern auch die ersten Eisenbahnverbindungen. Die großen Flüsse wie Rhein, Mosel, Main, Donau, Elbe, Oder und Weichsel werden als Hauptschifffahrtsstraßen des Deutschen Zollvereins ausgebaut sowie teilweise für den schnellen Transport begradigt. An den Schnittstellen der Verkehrswege entstanden Binnenhäfen und an der Seeküste des Deutschen Zollvereins wurden die Seehäfen, hier vor allem die preußischen Ostseehäfen wie Stralsund, Greifswald, Wolgast, Swinemünde, Stettin, Kolberg, Danzig, Elbing, Königsberg und Memel zu bedeutenden Handelshäfen ausgebaut.

Mit der Gründung des Deutschen Zollvereins am 22. März 1833, der mit Wirkung zum 1. Januar 1834 seine Arbeit aufnahm, hielten mit den Gewichtseinheiten Zollpfund und Zollzentner auch in Preußen die ersten wirklichen metrischen Maße Einzug. Diese erhielten die auch noch heute in der Umgangssprache bekannten Werte von 500 Gramm (g) für das Pfund und 50 Kilogramm (kg) für den Zentner. Ab 1839 wird der Zollzentner zu 100 Zollpfund à 500 Gramm (g) für alle Mitgliedstaaten im Handel untereinander verbindlich. Seit 1852 ist es das Eisenbahngewicht des Zollvereins. Preußen hebt per Gesetz vom 17. Mai 1856 das alte Pfund auf und führt ebenfalls das Zollpfund als allgemeines Landesgewicht ein, das aber erst mit Wirkung zum 1. Juli 1858 gilt. Das Zollpfund wird ab dem 5. Mai 1857 auch zum Münzgewicht des Zollvereins und 1862 zum Postgewicht des deutsch-österreichischen Postvereins. Das Zollpfund soll 1 Pfund und 2,209158143 Loth des alten preußischen Pfundes wiegen. Das Zollpfund ist ab dem 1. Juli 1858 auch das neue Medizinal- und Juwelen Gewicht in Preußen. Schon in den Zollvereinsverträgen von 1833 vereinbarten die beteiligten Staaten die Absicht dahin zu wirken, dass in allen Vereins Ländern ein gleiches Münz-, Maß- und Gewichtssystem in Anwendung kommen soll. Die Dresdner Münzkonvention von 1838 legt die preußische Kölner Mark in Silber als einheitliches Maß für die süddeutschen Gulden und die norddeutschen Taler fest. Zur Erleichterung im gegenseitigen Zahlungsverkehr wird die sogenannte Vereinsmünze mit einem festgelegten Silberanteil von 33,333 Gramm (g) bei 37,1 Gramm (g) Gesamtgewicht als gemeinsame Hauptsilbermünze eingeführt. Am Ende der 1850er-Jahre übernahmen die ersten Staaten diese Einheiten auch als ihr allgemeines Landesgewicht für den Handel. Eine einheitliche Maß- und Gewichtsordnung wird aber erst im Norddeutschen Bund verabschiedet, eine einheitliche Währung kommt erst im Deutschen Reich 1873 zustande.

Der Zollverein hatte auch noch einen anderen willkommenen Nebeneffekt. Die Zollverwaltung brauchte für die Abrechnung der Zolleinnahmen und Zollausgaben genaue Angaben und so musste für das Gebiet des Zollvereins eine nach denselben Grundsätzen einheitliche Landes- und Bevölkerungsaufnahme erstmals durchgeführt werden. Die dann in allen Vereinsstaaten in einem Dreijahresrhythmus wiederholt wurde. Das förderte natürlich die Entwicklung der Statistik. Man wusste nun, wie hoch die Bevölkerungszahl des Zollvereins war und was in der Wirtschaft produziert wurde, aber auch wie es um die Ernte und den Viehbestand stand. Exporte wie auch Importe wurden erfasst.

Gewichtsmaße seit 1858 (Zollverein)

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