„Die Preußischen Maße und Gewichte in ihrer jeweiligen historischen Zeit.”



Eine kleine Einführung.

Durch die vielen Besonderheiten in der Entwicklungsgeschichte zum preußischen Staate unterscheidet sich das preußische Staatswesen deutlich von allen anderen europäischen Staaten wie Frankreich, England, Schweden oder Russland. Denn seine Gebiete lagen weit verstreut in und außerhalb vom Heiligen Römischen Reich und bildeten somit keine geografisch geschlossene Einheit, also sprich keinen zusammenhängenden Staat. Es fehlten auf dem Weg zum Staat so wichtige Voraussetzungen wie eine gewachsene gemeinsame kulturelle, gesellschaftliche und geschichtliche Identität die, die Entwicklung zu einem Volk hätten voranbringen können. Der preußische Staat definierte sich daher von Anfang an fast nur ausschließlich durch den Machtwillen seines Herrschers im Verbund mit seinen ihn unterstützenden Eliten. Daher musste Preußen bei der Staatswerdung seinen eigenen Weg finden und gehen. Es entstand so im Laufe der Zeit ein straff durchorganisierter Staatsapparat, der durch seine Reform- und Organisationsfähigkeit für fast drei Jahrhunderte seinen Nachbarn überlegen war. Eigentlich kann man Preußen nicht so recht erklären, denn Preußen fällt aus jedem Rahmen heraus, in den man es stecken möchte, daher greift man gerne auf Stereotypen zurück. Es ist kein Nationalstaat, möchte aber gerne einer sein. Preußen war aber eher ein Vielvölker- oder Mehrsprachenstaat in dem neben Prußen, Brandenburger, Litauer, Polen, Schlesier, um nur einige zu nennen und viele Einwanderer aus ganz Europa lebten, was eine Entwicklung zum Staat bzw. Staatswesen nicht einfacher machte. Bei Vielvölker- oder Mehrsprachenstaat denken wir zuerst an Österreich und zu aller Letzt an Preußen, den selbst in diesen Rahmen will es nicht so richtig hineinpassen.

Die Namensbezeichnung Brandenburg-Preußen steht für das gesamte Herrschaftsgebiet der Kurfürsten von Brandenburg aus dem Haus Hohenzollern in der Zeit zwischen dem Erwerb des Herzogtums Preußen 1618 und dessen Erhebung zum Königreich Preußen 1701. Bis in die Zeit der Regierung von König Friedrich II. blieb die Bezeichnung Brandenburg-Preußen aber noch gebräuchlich. Erst danach sprach man nur noch von Preußen, wenn der ganze Besitz der Brandenburger Hohenzollern gemeint war. Die Mark Brandenburg selbst blieb nur ein Kurfürstentum des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (Sacrum Imperium Romanum Nationis Germanicæ) bis 1806.
Der Besitz der Hohenzollern Kurfürsten beschränkte sich ursprünglich nur auf die Mark Brandenburg selbst. Doch durch dynastisches Heiraten und daraus folgenden Erbschaften sowie auch durch den Kauf und Tausch von Ländereien zum Anfang des 17. Jahrhunderts vergrößerten sie nach und nach ihren Besitz, sodass ein großes aber eben auch ein sehr weit verstreutes Herrschaftsgebiet entstand. Dieses Herrschaftsgebiet wurde anfangs auch nur durch die Person des Fürsten selbst und dem Stand des Fürsten im Reich miteinander verbunden und zusammengehalten. Erst unter Kurfürst Friedrich Wilhelm, später „Große Kurfürst” genannt, änderte sich das grundlegend. Er begann mit dem Aufbau einer gemeinsamen Verwaltung, die dem Land langsam eine Struktur gab und nach und nach entwickelte sich ein absolutistisch geführter Staat mit einer gesamtstaatlichen Verwaltungsorganisation in Brandenburg-Preußen. In den anderen Gebieten hing, aus den unterschiedlichsten Gründen, die Entwicklung der Verwaltung immer hinterher. Unter König Friedrich Ⅱ. wurden die zersplitterten und nur lose zusammengehaltenen Landesteile weiter miteinander verschmolzen, auch territorial und die Bezeichnung Preußen setzte sich allgemein für den gesamten Staat der Hohenzollern aus Brandenburg durch bzw. fest.

Die Geschichte Preußens kann man grob in vier Phasen unterteilen, eine koloniale vor Hohenzollern Geschichte, eine herzogliche, eine königliche und eine kaiserliche, etwas mehr als sechshundertjährige Geschichte im und außerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Doch von einer preußischen Geschichte im tieferen Sinn kann man erst ab 1618, der Personalunion von Brandenburg-Preußen 1618, sprechen und selbst dann hatte jede Provinz noch ihre ganz eigene Geschichte. Schon die simple Frage, wann wurde Preußen gegründet, ist nicht einfach zu beantworten, noch nicht einmal die Wissenschaftler können sich auf ein Datum oder Ereignis einigen. Auch welche Provinz das Ursprungsland darstellt, ist umstritten.

Schon der Umstand der Personalunion von Brandenburg-Preußen 1618, dass der deutsche Kurfürst von Brandenburg nun auch der polnische Herzog von Preußen war, also somit Diener zweier Herren gewesen ist, war ein außergewöhnlicher Umstand. Das Herzogtum Preußen, für sich allein genommen, ist ebenfalls eine Besonderheit der europäischen Geschichte. Hervorgegangen aus dem Rest Staatsgebiet des ehemaligen Deutschen Ritter Ordens nun vorübergehend ein Teil des polnischen Königreichs und ab 3. Mai 1660 ein absolut völlig selbstständiges souveränes Land, das von allen europäischen Mächten dieser Zeit die Souveränität verbürgt bekam. Dann ist da noch das Kurfürstentum Brandenburg und seit 1680 das kleine Herzogtum Magdeburg sowie viele weitere Besitzungen der Hohenzollern im Heiligen Römischen Reich. Historische Karten aus jener Zeit zeigen den Preußisch-Brandenburgischen Flickenteppich sehr deutlich.

Ab 1701 wird es noch komplizierter, der Herzog Friedrich Ⅲ. von Preußen wird zum König Friedrich Ⅰ. in Preußen und das Herzogtum Preußen zum Königreich Preußen. Aber wieso König in Preußen und nicht König von Preußen. Durch den Titel König in Preußen, eigenständiges souveränes Land, konnte der König in Preußen auch Kurfürst von Brandenburg und Herzog von Magdeburg bleiben, beides Gebiete des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Zum anderen war der westliche Teil von Preußen, das sogenannte Gebiet Preußen königlichen Anteils noch unter polnischer Hoheit und man wollte die polnische Seite nicht verärgern, den man strebte selbst auch nach der polnischen Krone. Dennoch war dem eher unbedeutenden Kurfürsten des Kurfürstentums Brandenburg, ein eher armes und unterentwickeltes Kurfürstentum innerhalb des Heiligen Römischen Reiches gelungen, wonach die meisten anderen deutschen Fürsten vergeblich strebten. Er war souveräner allein Herrscher in Preußen und konnte seine eigene Innen- und Außenpolitik betreiben aber immer auch mit dem Blick, auf die im Reich gelegenen gebiete. Obgleich die neue königliche Würde zwar nur auf Preußen gegründet war, so um fasste die Ausstrahlung von Titel und Rang doch alle Provinzen, die zu Friedrich gehörten. Langsam wurden die Provinzen durch den gemeinsamen Namen aus der Reihe der anderen deutschen Länder herausgerissen und als eine besondere Einheit zusammengefasst, dem preußischen Staat, auch wenn sorgfältig das Verhältnis zum Reiche noch aufrecht erhalten wurde. Allmählich bildete sich neben den provinziellen Eigentümlichkeiten nach und nach das allgemeine immer stärker werdende Selbstwertgefühl, einem großen Staate anzugehören heraus. Auch erkannten bald die meisten Höfe in Europa die neue Königswürde der Brandenburger an.

Am 3. November 1707 wird es noch bunter in Preußen, der König in Preußen wird auch noch Fürst von Neuenburg (Neuchâtel). Ein Fürstentum, das als zugewandter Ort auch zur Schweiz gehörte.
Siehe mehr dazu unter » Neuenburg auf Wikipedia. Wie schon erwähnt wird gerne übersehen, dass nur das ehemalige Herzogtum Preußen ein Königreich ist. Die im Heiligen Römischen Reich liegenden Provinzen der Brandenburger Hohenzollern gehören nicht dazu. Nach dem Erlöschen des Heiligen Römischen Reichs 1806 ändert sich das, nun gehören alle Provinzen der Brandenburger Hohenzollern zum Königreich Preußen. Es gibt nun keine höhere übergeordnete Instanz mehr, sodass der König von Preußen alle Gebiete der Brandenburger Hohenzollern zum Königreich Preußen vereinen konnte. Bis dahin aber war der König von Preußen nur ein König im Ausland, so wie der sächsische Kurfürst nur König von Polen war, allerdings Letzterer auch nur ein gewählter König.

Das heutige Bild Preußens muss in der Geschichtswissenschaft durch den Namensübergang von Preußen auf alle anderen Besitzungen des Hauses Hohenzollern im Laufe der Zeit weitaus differenzierter betrachtet werden. Stereotypen helfen da nicht weiter, zumal die sehr oft verwendeten Stereotypen wie Autoritarismus, Militarismus und Imperialismus sich erst im Laufe der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelten. Bis dahin herrschten vor allem die Stereotypen vor, die vom protestantischen Geist geprägt waren, wie Sparsamkeit, Bescheidenheit, Ehrlichkeit und Toleranz. Die sogenannten preußischen Tugenden. Die Armee war auch nicht größer als die der anderen Staaten jener Zeit. Graf Mirabeau's Behauptung, Preußen ist eine Armee, die einen Staat besitzt, trifft zwar zu aber anders, als man im Allgemeinen denkt. Mit der Aufnahme der kampferprobten Hugenotten änderte sich auch das wessen der Armee und schon Friedrich II. stand ein nationales Preußisches Heer zur Verfügung. Es war der „Soldatenkönig” Friedrich Wilhelm I., der im Jahre 1733 die allgemeine Wehrpflicht durch das sogenannte Kantonsreglement erließ. Bis 1814 gültig, war es das erste gesetzlich geordnete Rekrutierungssystem in Preußen, ja sogar in Europa. Alle Untertanen wurden verbindlich zum Militärdienst verpflichtet und schon bereits im Kindesalter für die Militärausbildung in Stammrollen registriert. Die Dienstpflicht eines Wehrpflichtigen (Kantonisten) betrug pro Jahr nur zwei bis drei Monate, den Rest des Jahres konnten sie ihrer gewohnten Arbeit in der Landwirtschaft oder im Gewerbe nachgehen. Viele Städte waren aus wirtschaftlichen Gründen vom Militärdienst befreit, mussten aber wie Potsdam dafür jedoch den Wehrpflichtigen Quartiere in den Bürgerhäusern zur Verfügung stellen. Friedrich Wilhelm I. formte so ein stehendes Heer von 83 000 Soldaten das ständig wehr- und einsatzfähig war aber der Wirtschaft im noch dünn besiedelten Preußen nicht die nötigen Arbeitskräfte entzog. Die Einquartierung in den Städten führte aber nicht zur Militarisierung der Bürger, sondern eher zur Verbürgerlichung der Soldaten, da sie ein Teil der städtischen Gesellschaft wurden. Im 18. Jahrhundert waren Kasernen noch eine absolute Ausnahme. Friedrich Wilhelm I. schuf damit die Grundlegende strukturelle und institutionelle Voraussetzung für den weiteren Aufstieg Preußens. Aus den Erfahrungen des 30. Jährigen Krieges, der Schutz- und Wehrlosigkeit, stand seit dem Großen Kurfürsten der Aufbau einer starken Armee im Zentrum der Idee vom preußischen Staat.

Religiös ist Preußen ebenfalls ein flicken Teppich, da gibt es Katholiken, mehrere protestantische Glaubensgruppen, Mennoniten, Juden und viele andere. Unter anderen auch Muslime. Der erste reine Armee Geistliche war nicht etwa ein Katholik oder Protestant, sondern ein Moslem, zuständig für 2 rein muslimische Regimenter aus den Tataren Dörfern Ostpreußens. In keinem anderen Land auf deutschen Boden gab es so große Unterschiede in der Bevölkerungsstruktur bzw. Provinz Struktur, wo bei Preußen sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nicht als Bestandteil eines deutschen Staates sah, sondern als eigenständiger preußischer Staat. Preuße wurde man nicht nur durch Geburt, sondern auch aus Überzeugung, Bekenntnis und Einstellung zur Idee vom preußischen Staat. Da gab es die eigentlichen Preußen, die Brandenburger, die Pommern, die Schlesier, die Rheinländer, die Litauer und natürlich auch die Polen, die alle zu unterschiedlichen Zeiten, aus anderen Staatsgebilden mit ihren Gebieten zum preußischen Staat hinzukamen. Doch da gibt es auch noch die zu Tausenden nach Preußen Eingewanderten oder Geflüchteten Franzosen, Österreicher, Schweizer, Schotten und noch viele andere. Sie brachten alle ihre eigene Kultur und Landstruktur sowie unterschiedliche Rechte und Rechtspflege Gebräuche mit. Das alles musste in den Staat integriert, das Zusammenleben organisiert und geregelt, werden. Alle staatlichen Aktivitäten waren im Grunde nur auf dieses Ziel hin ausgerichtet. Natürlich brachte auch jede Bevölkerung bzw. Provinz, sowie auch die großen Massen an Einwanderern aus ganz Europa, ihre eigenen Maße und Methoden zu Messen mit nach Preußen.

K0nigl+herzoglPreussen
von Ulamm (Eigenes Werk) [Public domain],
via Wikimedia Commons

Zur Information: Die Bezeichnung Ostpreußen für die östlichste preußische Provinz, das ehemalige Herzogtum Preußen, gibt es erst seit 1773, davor hieß es einfach nur Preußen.
Nach der Abtretung (Zession) vom polnischen Gebiet Preußen Königlichen Anteils 1772 durch das polnische Parlament im 1. Teilungsvertrag erließ Friedrich der Große von Brandenburg-Preußen am 31. Januar 1773 eine Kabinettsorder, in der amtlich Preußen zusammen mit dem Ermland in Ostpreußen und Preußen Königlichen Anteils in Westpreußen umbenannt wurden. Beide Provinzen bildeten, nun wieder vereint, zusammen das souveräne „Königreich Preußen” und Friedrich II. nennt sich von nun an nicht mehr "König in Preußen", sondern nur noch „König von Preußen”. Die Städte Danzig und Thorn kommen nach der zweiten Teilung Polens 1793 durch Annexion zur Provinz Westpreußen hinzu.


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Der geschichtliche Hintergrund zum Vermessen.



In Deutschland gab es einst sehr viele verschiedene Maßeinheiten, welche heute, zu unserem Glück, schon lange nicht mehr in Gebrauch sind. Aber manchmal treffen wir sie doch noch in historischen Zusammenhängen in der Literatur als Namen für benannte Orte wie die Kleine Hufen und die Große Hufen Straße in Eberswalde oder für Naturlandschaften wie der Acht Ruthen Schonung oder den Vierruthenberg bei Fehrbellin an. Den meisten Menschen fällt eine entsprechende Einordnung dieser unbekannten Maße heutzutage durch mangelndes Hintergrundwissen schwer, bzw. Sie wissen oft gar nicht, dass sich hinter dem Wort ein altes Maß verbirgt, womit aber dann leider oftmals auch der Gesamtzusammenhang im Unklaren verbleibt. Die „Gulden Leeuw”, das ist der Name eines 3-Mast-Segelschoners, doch wer weiß heute noch, dass der Gulden ein Münzmaß und die Mark nicht nur ein Münz-, sondern auch ein Gewichtsmaß war. Wer sich mit Geschichte und Literatur befasst, stößt unweigerlich irgendwann immer wieder auf das Problem der Bedeutung und Begrifflichkeit sowie von der Umrechnung der alten Maße in unser heutiges System. Bei der Umrechnung von alten Maßen in heute gebräuchliche Maße ist allerdings Vorsicht geboten, mehr als zwei Stellen hinter dem Koma sind meist unrealistische Rechenwerte aus amtlichen Umrechnungstabellen oder Ergebnisse heutiger Taschenrechner. Die alten Messgeräte hatten noch nicht den Genauigkeitsgrad von heute. Die alten Maße passen zwar nicht in ein metrisches System hinein, doch auch sie unterlagen einem festgelegten Umrechnungsmodus.

Unter Maß und Gewicht verstand man im Mittelalter vor allem die Einheiten, die beim Handel, Bauwesen und der Landvermessung zum Messen verwendet wurden, um die Länge, die Fläche, das Volumen und die Masse zu ermitteln. Nicht zu vergessen das Maß des Münzwesens, den das hatte ja auch alles einen Preis. Heute verstehen wir allgemein unter Messen das Vergleichen einer physikalischen Größe zur Mengenbestimmung eines Wertes einer bestimmten physikalischen Größe. Man unterscheidet dabei grob in direkte Messverfahren (unmittelbarer Vergleich) und indirekte Messverfahren (mittelbarer Vergleich). War das früher anders, eigentlich nicht, man hatte halt einfach nur eine ganz andere Begrifflichkeit für die Maße und Messmethoden.
Aber damals, wie auch heute noch, waren die Maße- und Gewichtsfestlegungen sowie deren Beaufsichtigung und Kontrolle eine hoheitliche staatliche Aufgabe. In früheren Zeiten legten die kirchlichen und weltlichen Landesherren oder die Stadträte die in ihrem Territorium geltenden Masse und Gewichte fest. Dazu wurden zur Kontrolle der Maße Beamte mit weitreichenden Befugnissen z. B. auf den Märkten einsetzten.

Auch die Behauptung, dass die heutigen von uns verwendeten Maßeinheiten für Längen, Flächen, Gewichte, usw. durch das Dezimalsystem übersichtlicher und dadurch leichter erlernbar sind ist ein Mythos, denn das Duodezimalsystem war genauso einfach zu erlernen. In der Anwendung der Maßsysteme ist das Dezimalsystem, dessen Werte weltweit gelten, dem Duodezimalsystem, dessen Werte immer nur lokal galten, allerdings haushoch überlegen. Hierin liegt wahrlich die Einfachheit und der eigentlich große Vorteil, denn man brauchte nun nicht mehr von dem einem Maßsystem in ein anderes umzurechnen. Mit der einsetzenden Industrialisierung im 19. Jh. und dem beginnenden verstärkten weltweiten Handel setzte sich letztendlich das Dezimale metrische Maß zum Ende des 19. Jh. durch, da es eine weltweite einheitliche Basis für den Handel und die Produktion bildete. Es war im Grunde eine der ersten weltweiten Normungen, ohne sie wäre die spätere Globalisierung im Handel nicht möglich gewesen.
Doch man sollte sich davor hüten zu denken, das Messen heute genauer geht, theoretisch ja aber in der Praxis nicht. Erst die heutigen digitalen Messgeräte sind etwas genauer, je nachdem was gemessen wird. Die gesetzlichen Fehlertoleranzen beim Messen sind heute nicht viel besser als im 18. Jahrhundert. Es ist halt immer noch ein Unterschied zwischen dem theoretisch darstellbaren und dem praktischen machbaren, da beim praktischen Messen auch immer die Umwelt, also das Klima, Raum und die Zeit eine Rolle spielen. Druck, Wärme, Nässe und andere Faktoren haben immer auch Einfluss auf das Messergebnis und das Messgerät.

Heute wird selbst der Mensch von der Wiege bis zur Bahre komplett vermessen. Das beginnt schon in der ersten Sekunde des Lebens mit der Feststellung des Zeitpunkts der Geburt über Größe und Gewicht des neugeborenen Erdenbewohners bis hin zu allem, was er in seinem hoffentlich langen Leben konsumiert und benutzt. Alles ist Vermessen und gewogen und das setzt sich fort bis er die Erde wieder verlässt, im vermessenen Sarg oder Urne. Soll heißen unser ganzes Leben lang sind wir umgeben von Maßen und vermessenen Dingen, doch den meisten Menschen ist überhaupt nicht bewusst, wie häufig sie im täglichen Leben mit dem Mess- und Eichwesen in Berührung kommen.

Wenn wir heute den Zollstock, das Metermaßband, das Schullineal oder die heutzutage üblichen digitalen Messgeräte in die Hand nehmen, ist uns überhaupt nicht bewusst, wie einfach messen heute eigentlich ist. Wir haben keine Vorstellung davon, wie es einst vor nicht einmal 150 Jahren war, als es in Europa noch weit über 10 000 verschiedene Längen-, Flächen-, Hohl-, Gewichts-, Stück- und Zählmaße gab. Auch was für eine Revolution im wahrsten Sinne, die Einführung des metrischen Maßsystems auf dezimaler Basis für die Menschen damals war und was dies gerade auch für uns heute bedeutet, ist uns völlig unklar. Dabei ist der Gebrauch von Maß und Gewicht in der alltäglichen Anwendung gar nicht mal so verschieden, wie man vielleicht meinen könnte. Schon damals gab es, wie heute auch, genormte Verpackungs- und Transportbehältnisse. Ein Sack von 100 Pfund aus Danzig hatte immer dieselbe Größe, genauso wie der 100 Pfund Sack aus Leipzig immer dieselbe Größe hatte, aber zueinander waren sie völlig verschieden, den das Pfund in Danzig und in Leipzig hatte jeweils ein anderes Grundgewicht. Ein 50-Kilo-Sack ist heute weltweit ein 50-Kilo-Sack.
Dieser Zustand des Maß- und Messwesens hemmte natürlich außerordentlich den Handel und Verkehr und verlangte vor allem von jedem Händler und Hersteller ein ständiges Umrechnen und das Nachschlagen in umfangreichen Aufzeichnungen und später das Nachschlagen in gedruckten speziellen Handbüchern. Daher bemühte sich die Wissenschaft, ein Maßsystem zu finden, dass frei von allen nationalen Gefühlen und Besonderheiten, den zukünftigen Anforderungen von Handel und Produktion entsprach und daher die Aussicht hatte, international anerkannt zu werden.

Ein weiterer Unterschied zu heute ist das die Maßeinheiten nicht dezimal, sondern duodezimal (Dutzendmaß), mit der Zahlenbasis 12 gerechnet wurden. Die Zahl 12 galt in vielen Kulturen als die Zahl der Vollkommenheit. Die 12 hat die Eigenschaft ganzzahlig teilbar zu sein, was ein praktischer Vorteil bei der Verwendung zu Größeneinteilung ist. Sie ist die kleinste Zahl mit vier Teilern: 2, 3, 4 und 6. Folglich ist die 12 auch viel praktischer bei der Bruchrechnung, da die drei häufigsten Brüche (Halbe, Drittel und Viertel) besser dargestellt werden können, den 6, 4 und 3 sind ganze Zahlen. Auch die fortgesetzte Halbierung einer Menge wird unterstützt. Das führt allerdings dazu, dass jede neue Teileinheit auch einen eigenen Namen trägt. Wie im Dezimalsystem lassen sich aber auch mit dem Duodezimalsystem die gängigen arithmetischen Grundoperationen Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division durchführen.
Das Duodezimalmaß blieb bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Gebrauch. Aber schon im 17. Jahrhundert wurde das dezimale Zehnersystem langsam populär unter den Rechenmeistern und Mathematikern, als sie anfingen, die Vorteile des Dezimalsystems zu erkennen. Aber die alten duodezimalen Maße waren keine abstrakten Verrechnungseinheiten, sondern reale handhabbare Größen, an denen die Menschen ihre alltäglichen Gebrauchsgegenstände ausgerichtet hatten. So fassten z. B. Krüge, Körbe, Fässer und Säcke ein bestimmtes Maß des ortsüblichen oder regional typischen Hohlmaßes, an denen man sich orientiert. Dementsprechend wurden sie auch als Quart, Metze oder Scheffel deklariert. Mit dem dezimalen metrischen Maß verschwand letztendlich auch zum Ende des 19. Jahrhunderts das Duodezimalmaß langsam aber sicher aus Deutschland.


Siehe auch ►  Der Weg zum Metrischen Maßsystem in Preußen.

Die Geschichte des Messens und Wiegens ist so alt wie die Geschichte des Handels selbst. Sie reicht von den frühesten Kulturen über die Sumerer, den Ägyptern, Babyloniern, Hethitern, Persern, Griechen, Römern und letztendlich die Franken bis in unsere Zeit hinein. Die Repräsentanten der Maße haben daher eine sehr lange Entwicklungsgeschichte und sind im eigentlichen Sinn auch als ein "Kulturgut" zu verstehen. In den Urgesellschaften spielten Gewichte und Maße wohl nur eine sehr untergeordnete Rolle im Tausch Handel, doch das sollte sich später durch das Entstehen der ersten frühen feudalen Gesellschaften gründlich ändern. Zu den frühesten Hilfsmitteln, die der Mensch für sich schuf, gehörten auch einfache Messgeräte zum Messen bzw. wohl mehr zum Vergleichen, so z. B. für die Herstellung, den Tausch oder den Handel mit Waren, wie Lebensmittel, Kleidung, Waffen oder Baumaterial. Schon 12 000 Jahre v. u. z. Finden wir erste Hinweise auf vergleichende Maße bei der Herstellung von Lanzen und Pfeilen für die Jagd bei einigen Völkern. Zum Anfang war der Geltungsbereich dieser Maße beschränkt auf die eigene Sippe, also auf das unmittelbare jeweilige Siedlungsgebiet eines Sippenverbandes, erst durch den Handel mit anderen Siedlungen wurden Maße für einen weit größeren Geltungsbereich gebraucht. Man bediente sich naheliegend der Maße von menschlichen Körperteilen und der natürlichen Umgebung. Das älteste Maß dürfte allerdings das einfache Stück- oder Zählmaß sein. Doch seinen Anfang nahm das Messwesen wahrscheinlich mit der Wegmessung und der Zeitbestimmung durch beobachteten der Höhe des Sonnenstandes. Aus der Länge des Schattens, den ein Mensch oder ein Baum wirft, konnte man die Tageszeit bestimmen und wie viel Zeit vergangen war.

Entgegen der allgemeinen Meinung basierten diese alten Maße und Gewichte aber nicht auf willkürlichen Werten, es herrschte auch keine Anarchie, sodass sie sich heute durchaus auch ins metrische System umrechnen lassen. Bei der Umrechnung ins metrische System müssen aber sowohl Ort und Zeit, sowie die Art der Anwendung der einzelnen Maße und Gewichte zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort berücksichtigt werden. Wenn man die Entstehungs- und Anwendungsgeschichte bei der Untersuchung beherzigt, wird man überrascht sein, ein auf einfachen arithmetischen Grundregeln durchorganisiertes vor metrisches System zu entdecken. Wie wichtig Ort und Zeit sind, zeigt folgender Hinweis. Wir wissen aus der Geschichtsschreibung, dass die Römer eher klein und kompakt gebaut waren, aber die Gallier und Germanen eher als groß und stark beschrieben werden, was natürlich zu verschiedenen Körpermaßen geführt haben wird.

Den uns bekannten Maßen aus der frühesten Zeit des Menschen lagen also die Maße von menschlichen Körperteilen und der natürlichen Umgebung zugrunde. Frühe babylonische und ägyptische Aufzeichnungen, sowie Textstellen aus der Bibel zeigen, dass die Länge zuerst anhand der Maße von Finger, Daumen, Hand oder Arm gemessen wurde. So war die Länge des Arms vom Ellbogen bis zur Spitze des Mittelfingers eine gewöhnliche Elle. Sie wurde nochmals unterteilt in die Spanne, was die Spannweite der Hand von der Spitze des Daumens bis zur Spitze des kleinen Fingers ist, das ergab eine halbe Elle, die Handbreit ist der sechste Teil einer Elle und der Finger als Fingerbreite der vierundzwanzigste Teil einer Elle. Die königliche oder heilige Elle, die erste Längeneinheit, von der berichtet wurde, war 7 Handbreit oder 28 Finger lang und wurde beim Bau von Gebäuden und zur Landvermessung verwendet. Von den Ägyptern erbten die Griechen den Fuß und von diesen erbten wiederum die Römer den Fuß, die ihn dann später ihrerseits wiederum der ganzen Welt vererbten. Der römische Fuß wurde sowohl in 12 unciae (Zoll) als auch in 16 Finger unterteilt. Die Römer führten auch die Meile zu je 1000 Doppelschritten ein, wobei jeder Doppelschritt 5 römischen Fuß entsprach. Mit dem Vererben ist das so nee Sache, denn auch Völker die nie was von Babyloniern, Ägyptern, Griechen oder Römern gehört haben und auch noch auf anderen Kontinenten lebten, verwendeten dieselben körperlichen Maße. Die Völker waren durchaus in der Lage selbst ihr Maßsystem zu entwickeln, aber für mittel Europa, Trift die Vererbung durch die Römer und hier vor allem durch das Christentum zu. Die Klosterschulen bewahrten das Wissen und gaben es weiter. Man darf auch nicht vergessen, dass im frühen Mittelalter nur der Klerus Schreiben, Lesen, und Rechnen konnte. Erst Karl der Große ließ die ersten Schulen für nicht Mitglieder des Klerus durch den Klerus errichten. Begabte Schüler konnten hier ihre Bildung vervollkommnen und in den von Karl neu geschaffenen Dienstadel zur Verwaltung des Reiches aufgenommen werden.

Das einfachste und auch das gebräuchlichste Maß im Handel ist das Stück- oder Zählmaß, das für alle trockenen und festen Gegenständen verwendet wird, die sich durch ihre körperliche Beschaffenheit als zählbare Einheiten im Handel nutzen lassen, wie Obst, Gemüse, Blumen, Bretter, Felle usw. Beim Stückmaß kommt es primär nur auf die Anzahl der Dinge an und nicht so sehr auf das Volumen oder Gewicht. So hatte z. B. eine Tonne Heringe in Danzig nicht 1000 Kilo, sondern 1040 Heringe Inhalt. Das Stückmaß ist in Teilen bis heute im Gebrauch und auf jedem Markt oder in jedem Blumenladen zu finden. Die gebräuchlichsten und bekanntesten Stückmaße sind das Paar (2 Stück), das Dutzend (12 Stück) und der Bund (30 Stück). Alle anderen Handelsgüter, die sich nicht für das Stückmaß eigneten, wurden nach der Länge, dem Volumen oder dem Gewicht gemessen und gehandelt. Das Stück- oder Zählmaß ist als Rechenwert eine physikalische Größe, die besagt aus wie vielen Objekten eine bestimmte Menge besteht. Die physikalische Größe wird so durch Zählen als Maß der Anzahl bestimmbar.

Trockene schüttbare wie auch flüssige Handelsgüter wurden ursprünglich mal nur nach dem Volumen gemessen. Handelsgüter wie etwa Getreide, Hopfen, Mehl, Salz, Kalk, Holzkohle und andere wurde nicht gewogen, sondern nach Volumen gemessen und gehandelt. Zum Wiegen von Gütern benutzte man Gewichtseinheiten, die auf dem Volumen von Getreidekörnern oder Wasser basierten. Wenn man das Volumen von Behältern wie Körben, Säcken oder Tonkrügen vergleichen wollte, wurden sie mit Pflanzensamen gefüllt, die anschließend ausgezählt wurden, denn es wurde nicht gewogen, sondern ausgemessen und dadurch waren die alten Maße durchweg Hohlmaße. Man Unterschied zwischen „trockenen” und „flüssigen” oder „festen” Hohlmaßen.
Beim Wiegen maß man das Gewicht mit Steinen oder Pflanzensamen. Die Römer hatten für den Weinhandel genormte Amphoren entwickelt, die nach einem Musterexemplar hergestellt wurden. Man findet heute noch im Mittelmeer versunkene römische Handelsschiffe voll mit diesen genormten Amphoren. Schüttgüter wie Getreide, Linsen, Salz etc. wurden im Handel nach eigenen Musterexemplaren, in der Regel Weidenkörbe, Säcken oder Tonkrügen, die aber regional sehr unterschiedliche Ausmaße und Formen besaßen, abgewogen. Je nach Ware und Region wurde mal gestrichen (abgestrichen an der Oberkante) oder gehäuft Maß genommen. Getreide wurde im Fernhandel nach Lastkähnen gehandelt, daher das Maß 1 Last oder auch 1 Wispel. Man ist generell geneigt zu glauben, dass die Normung eine Erfindung der Neuzeit ist, doch dem ist nicht so, auch wenn diese Maße dem Grunde nach nur Vergleichsmaße waren. Genormt war sozusagen, dass Transport oder Verpackungsmaterial für eine Region sowie beim Sack aus Danzig und Leipzig.

Die Gewichtseinheit Karat, die noch heute für Edelsteine verwendet wird, wurde z. B. vom Samen des Johannisbrotbaums abgeleitet und als Maßeinheit für Edelsteine später auf 1/144 Unze und dann noch später auf den heute noch gültigen Wert von 0,2 Gramm festgelegt. Das Grain (Korn), ein Weizen- oder Gerstenkorn, war die früheste und zugleich kleinste Gewichtseinheit, um ursprünglich Edelmetalle wie Gold oder Silber abzuwiegen. Größere Einheiten dienten sowohl als Gewichtsmaß wie auch als Währungseinheit, sodass Pfund, der Schekel und das Talent. Bei den Babyloniern und Sumerern waren 60 Schekel gleich 1 Mina und 60 Minas ergaben 1 Talent. Das römische Talent bestand aus 100 Pfund, die leichter waren als eine Mina und das römische Pfund wurde in 12 Unzen eingeteilt.

Das Gewichtsmaß kann bis zur Einführung des metrischen Systems grob in drei Hauptgruppen unterschieden werden. Und zwar in das Handelsgewicht, das Münzgewicht das auch für Gold und Silber verwendet wurde, sowie das Apotheker- oder Medizinalgewicht.

Die Zeit wurde nach den Umlaufszeiten bzw. Rotationsperioden von Sonne, Mond und anderen Himmelskörpern eingeteilt. Aus der beobachteten Höhe des Sonnenstandes sowie auch aus der Länge des Schattens, den ein Mensch oder ein Baum wirft, konnte man die Zeit bestimmen. Das Maß der Zeit ist das älteste uns bekannte Maßsystem überhaupt und es gilt weltweit. Es gab zwar auch versuche es zu ersetzen, doch diese Versuche scheiterten alle. Die geniale Idee den Tag in Stunden zu je 60 Minuten mit je 60 Sekunden einzuteilen lässt sich in Europa auf die Babylonier zurückführen, die das Sexagesimalsystem, d. h. ein Zahlensystem mit der Basis 60, verwendeten und mit dem Duodezimalsystem, d. h. ein Zahlensystem mit der Basis 12, verbanden. Der Tag selbst wurde in 2 mal 12 Stunden aufgeteilt, 12 Stunden Tag und 12 Stunden Nacht. Das Jahr in 12 Monate oder 12 Tierkreiszeichen. Auch die geniale Idee den Kreis in 360 Grad einzuteilen haben wir wohl den Babyloniern zu verdanken. Die Zeiteinteilung ist so genial das alle Versuche sie zu ersetzen scheiterten, auch der Versuch sie dezimal einzuteilen nach der Französischen Revolution.

Maße wie Finger, Daumen, Hand, Fuß, Elle, Arm und Ruthe waren also schon seit dem frühesten Altertum weltweit verbreitete gebräuchliche Maßeinheiten der Länge von sehr unterschiedlicher Größe. So waren also vor dem 19. Jahrhundert die Längeneinheiten am Menschen definiert, nur leider gibt es keinen Einheitsmenschen, d. h. die Größen von Fuß, Elle, Schritt usw., variierten von Mensch zu Mensch und da mussten natürlich im Laufe der Zeit große Differenzen entstehen. Im Altertum erfolgte eine genaue Festlegung der Maße durch den Herrscher, d. h., seine Körpermaße wurden als Norm Maße für verbindlich erklärt und hatten in seinem Herrschaftsbereich absolute Gültigkeit. Andere Maße zu benutzen, war nicht erlaubt. Kam ein anderer Herrscher an die Macht, so hatte dieser zwar das Recht, die Maße zu ändern, aber er musste von diesem Recht nicht unbedingt Gebrauch machen, und vernünftigerweise taten es die meisten auch nicht. Deshalb behielten die Maße im Altertum oft über einen längeren Zeitraum ihre Gültigkeit und wurden sogar oft von anderen Völkern übernommen, sowie z. B. das römische Maß, das noch lange nach dem Untergang des Römischen Imperiums in weiten Teilen der Welt in Gebrauch blieb. Doch mit der Zeit bildeten sich viele kleinere und nur ein paar wenige größere Königreiche aus dem, was einstmals das Römische Imperium war. Der Fernhandel zwischen Europa, Asien und Afrika kam fast zum Erliegen. Man brauchte jetzt nur noch Maße und Gewichte für kleinere Herrschaftsbereiche, den der Handel fand fast nur noch lokal statt.

Das Ende des römischen Imperiums bedeutete auch das Ende eines kontrollierten Maß- und Gewichtswesens in Europa. Bis zum Untergang wurde im Römischen Reich sehr auf einheitliche Maße und Gewichte geachtet, ein Zustand, der erst 1875 wieder erreicht wurde. Seit Karl dem Großen wurde zwar immer mal wieder durch die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation versucht einheitliche Maße im Reich einzuführen doch mit der Erteilung des Marktrechts erhielten die aufblühenden Städte auch die Aufsicht über Maß und Gewicht in ihren Stadtgebieten. Auf dem Lande hatten die Grundherren ebenfalls das Recht erhalten zu bestimmen, nach welchem Maß oder Gewicht die ihnen zustehenden Abgaben zu leisten sind. Beim Hohlmaß für Getreide und Hülsenfrüchte war der Hauptgrund für die starken Schwankungen die Möglichkeit „gehäuft” oder „gestrichen” die Abgaben der Untertanen zu messen.
Die frühen definierten Maße gehen somit auf hoheitliche Bestimmungen zurück und dadurch änderten sich die Maße von Land zu Land, ja sogar oft von Ort zu Ort. Deshalb wurden für die Bevölkerung an öffentlichen Gebäuden, wie Rathäusern oder Kirchen, sehr oft die ortsüblichen Maße ausgehängt, was gerade für die nicht ortsansässigen Händler wichtig war. Vor dem Jahr 1871 gab es in Deutschland weder eine einheitliche Währung noch einheitliche Maße oder Gewichte. Im Gegenteil, es gab eine unüberschaubare Vielzahl an unterschiedlichen Maß-, Gewichts- und Währungseinheiten. Wozu das Recht, Maße festzulegen führen kann, zeigten die zahlreichen Ellen- und Fuß Maße, die bis zur Einführung des Meters im Deutschen Reich gültig waren. Jeder Grundherr und jede Stadt dokumentierte die Selbstständigkeit durch eigene Längenmaße, Flächenmaße, Hohlmaße und Gewichte, und falls es rechtlich möglich war, auch noch durch eigene Münzen. Jeder Kleinstaat und jede Reichsstadt hatte so sein eigenes System entwickelt, wobei die Namen der Maßeinheiten zwar oft dieselben waren, aber die Kaufkraft der Münzen und die genaue Größe der Maßeinheiten wichen doch oft sehr beträchtlich voneinander ab. Gleichfalls konnten Maßeinheiten wie z. B. 1 Klafter ein Längen-, ein Flächen- oder ein Raummaß bezeichnen.

Deutschland entwickelte sich so über die Jahrhunderte wieder zurück, hin zum Anfang von Messen und Wiegen, der Geltungsbereich der Maße war nun wieder beschränkt auf das unmittelbare Siedlungsgebiet. Wenig hilfreich war auch der Umstand, dass einige Berufsstände, um sich zu schützen bzw. unentbehrlich zu machen, ebenfalls noch eigene Gewichte und Maße entwickelten. Es gab nicht nur verschiedene Maße, sondern innerhalb der einzelnen Maße auch noch unterschiedliche Größen. Einmal wurde das Maß abgestrichen, dann gehäuft, gerüttelt, gestoßen oder gedrückt gemessen. Kein Wunder das sich seit dem 12. Jahrhundert immer wieder der Ruf nach einem einheitlichen Maßsystem erhob. Bevor es 1871 zur Einigung zum Deutschen Kaiserreich kam, gab es in jedem deutschen Fürstentum, in jedem Teilstaat des Deutschen Bundes, war er noch so klein und bedeutungslos, ein eigenes Maßsystem und ein eigenes Umrechnungssystem für fremde Maße. In Schulbüchern steht heute oft das die Kleinstaaterei in Deutschland an dieser Entwicklung schuld gewesen wäre, doch das ist nur die halbe Wahrheit. In Frankreich sah es in der Wirklichkeit nicht besser aus und das war, wie wir alle wissen, ja ein absolutistischer Staat. Hauptgrund für diesen Missstand war das so gut wie jede Grundherrschaft das recht besaß eigene Maße festzulegen und sie konnten dieses Recht, gegen eine Gegenleistung, weiter geben an Städte und Gemeinden. Des Weiteren gab es auch noch eigene kirchliche Maße zur Erhebung der Kirchen abgaben (Kirchen Zehnt). Das führte dazu das in vielen Orten nicht nur ein Maßsystem, sondern zur gleichen Zeit zwei, drei oder gar noch mehr Systeme nebeneinander galten. Da den Überblick zu behalten war nicht einfach und so verhalf dieser Missstand der Mathematik auf die Beine.

L. W. Aldefeld zählt z. B. in seinem Buch „Die älteren und neuen Maaße und Gewichte der Königlich Preußischen Rheinprovinz.” von 1835 für die Zeit um 18. hundert in der preußischen Rheinprovinz allein 30 Fuß-, 44 Ellen-, 28 Acker-, 102 Flüssigkeits-, 115 Getreide-, 21 Hohlmaße und 34 Gewichte auf. Man beachte, das ist nur die Rheinprovinz.

Im europäischen Mittelalter wurzelten Messen, Wiegen und Zählen, also Maß, Gewicht und Zahl im alltäglichen Leben, ergo in der materiellen Welt von Handel und Bauwesen. Architekten und Baumeister ebenso, wie das kaufmännische Rechenwesen der Kaufleute bewahrte, und entwickelte die Reste des Wissens der Antike weiter und wurde so, nach der Erfindung des modernen Buchdrucks mit beweglichen Metalllettern, zum Lehrmeister verschiedener Wissenschaften. Der Buchdrucker, Verleger, Holzschneider, Eich- und Rechenmeister Jakob Köbel (geb. 1462 - † 1533) auch Jacobus Kobelius genannt, war der bekannteste Autor seiner Zeit auf dem Gebiet der Geometrie und der praktischen Anwendung der Messkunst in Deutschland. Ab 1494 ist er in Oppenheim auch als Stadtschreiber und amtlicher Feldmesser angestellt. Er machte das Volk durch seine verständlichen Werke mit der Arithmetik, Geometrie, Astronomie und der praktischen Messkunst bekannt. Seine Werke waren sehr beliebt und verbreiteten sich, auch nach seinem Tod, da sie noch oft verlegt und bis ins 18. Jahrhundert nachgedruckt wurden in ganz Deutschland. Mathematik Rechenmeister wie Adam Riss (geb. 1492 / 1493 - † 1559) oder Simon Stevin (geb. 1548 - † 1620) führten das Werk von Köbel weiter und gaben der Mathematik ein schriftliches Gesicht und übernahmen die Schulung des Volkes. Gelehrte wie Georgius Agricola (geb. 24. März 1494 in Glauchau - † 21. November 1555 in Chemnitz) führten das literarische Erbe der Antike ins Mittelalter und verbanden die Theorie mit der Praxis. Schon im Jahr 1522 wirbt Adam Riese (1492 - 1559) für das neue dezimale Rechensystem und das schriftliche Rechnen. Das Dezimalsystem setzt sich aber in Europa nur langsam durch, aber es wird bekannt. In seinen Büchern vermittelte er in einfachem Deutsch das System der zehn Zahlen und machte es damit alltagstauglich.

Doch diese regionalen und vor allem volkstümlichen Maße führen durch ihre Vielfalt und Verschiedenheit sowie durch ihren sehr unterschiedlichen geschichtlichen Hintergrund dazu, dass eine systematische Aufstellung oder gar planmäßige Übersicht, eigentlich so gut wie unmöglich ist. Bei den ersten amtlichen preußischen Maßen, gemeint ist hier das Gebiet des ehemaligen Deutschen Ritter Ordens (Ost- und Westpreußen), ist das etwas anders, hier kann man aufgrund der guten schriftlichen Quellen, denn das Land wurde grundsätzlich neu aufgeteilt, eine systematische Aufstellung und Übersicht über die Entwicklung der Längen- und Flächenmaße seit Beginn des 13. Jahrhunderts geben. Der Orden hatte kein Mangel an ausgebildeten Schreibern und bildete in seinen Klosterschulen für die Verwaltung des Landes den Nachwuchs aus. Wie jeder Orden zu jener Zeit war auch der Deutschen Ritter Orden in drei Hauptgruppen untergliedert. Es gab einen geistlichen, einen organisatorischen und einen militärischen Zweig. Auch darf man nicht vergessen, dass es vor allem Kaufleute und Händler waren, die diesen Orden gründeten und man musste in den ersten Jahrzehnten des Ordens kein Adliger sein, um Mitglied zu werden. Für die Mitgliedschaft reichte es, wenn man 2 Pferde und Kampfausrüstung unterhalten konnte.

Zur Ausmessung der Fläche bedient man sich des Quadrates, das man Geviert nannte, in der Regel mit der Quadrat Ruthe, deren Seitenlänge gleich groß ist.
Quelle: Geometria Culmensis
Im Auftrag des Hochmeisters Conrad von Jungingen um 1393 in Kulm, von einem unbekannten Autor, mit sehr viel geometrischen Sachverstand erst ins Lateinische und ca. 1407 ins Altdeutsche übersetzt. Sie stellt die erste deutsche Anleitung zur Feldvermessung dar und beinhaltet viele Beispiele zum Vermessen. Sie wurde zur Unterrichtung der ersten staatlichen Vermesser des Deutschen Ritter Ordens eingesetzt.
Die Textwiedergabe erfolgte in der heute üblichen Schrift und Ausdrucksform.

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Anmerkung des Autors: Ich verwende im Text die Original Bezeichnung und Rechtschreibung der Maße aus jener Zeit.

Das Flämisch - Kulmische Ur-Maß von 1233 - 1307.


Längenmaß

Flächenmaß

Getreide Maß

Gewichtsmaß

Die Einteilung des Nürnberger Reichs-Apotheker-Gewichtes von 1233 mit preußichen Medizinalgewicht von 100224 Richtpfenningsteilen.
PfundUnzenDrachmen (Quintlein)SkrupelGran (Gerstenkorn)in Richtpfennigenin Grammgerundeter wert
112962885760100224357,56716032357,567 g
 1824480835229,7972633629,797 g
  1360104433,724657923,725 g
   1203481,241552641,242 g
    117,40,0620776320,062075 g
     10,003567680,00356768 g
Die Einteilung des kölnischen Silbergewichtes um 1650 in Brandenburg - Preußen.
PfundMarkUnzenLothQuentchenPfennigGran (Gerstenkörner)HellerRichtpfennigein Gramm
1 2 16 32 128 512 576 1024 131072 467,622
  1 8 16 64 256 288 512 65536 233,811
    1 2 8 32 36 64 8192 29,226375
      1 4 16 18 32 4096 14,6131875
        1 4 4,5 8 1024 3,653296875
          1 1,13 2 256 0,91332421875
            1 1,7778125 227,55556 0,8118596063232422
              1 128 0,456662109375
                1 0,0035676727294922

(256 Richtpfennige mal 256 Richtpfennige = 65536 Richtpfennige für die cöllnische Mark)

Das alte Berliner Normalpfund war aber 256 Richtpfenningsteile schwerer als das cöllnische Münzpfund.

Die Einteilung des kölnischen Goldgewichtes um 1650 in Brandenburg - Preußen.
MarkUnzenKaratGran (Gerstenkörner)in Richtpfennigin Gramm
182428865536233,811
 1336819229,226375
  1122730,666679,742125118922424
   1227,555560,8118437658563232
    10,0035676727294922

1 Cöllnische Mark fein Silber ist = 14 Reichsthaler Courent, den Friedrich Wilhelmd'or zu 5 ⅓ Reichsthaler, und den Ducaten zu 3,04 (3 1/26) Reichsthaler gerechnet.

Das Juwelengewicht.

Durch einen Direktorialbefehl im Jahre 1786 wurde für die preußischen Staaten das englische Juwelengewicht verbindlich eingeführt. Das große Normal-Juwelengewicht, welches sich im Berliner Eichamt befand, wog 64 Karat, welche genau 3688 Richtpfenningsteile entsprachen.

1 Richtpfenningsteil = 0,00356768 g
1 Karat = 3688 * 0,00356767 : 64 = 0,2055829 g
Das Juwelengewicht wurde eingeteilt in: 1/4 - 1/2 - 1/8 - 1/16 - 1/32 und 1/64 Karat.

Die Einteilung des Berliner Handelsgewichtes um 1650
PfundMarkUnzenLothQuentchenPfennigHellerin Richtpfennigin Gramm
1216321285121024131328468,53588
 18166425651265664234,2675
  1283264820829,2834375
   141632410414,64171875
    14810263,6604296875
     12256,50,915107421875
      1128,250,4575537109375
       10,0035676702607212

Das Berliner Handelsgewicht ist um ganze 256 Richtpfennige bzw. ¼ Quentchen schwerer als das Münzgewicht.

Die Einteilung des Berliner Großhandelsgewichtes um 1650
ZentnerSchwerer SteinLeichter SteinHandelspfundKilogramm
151011051,525
 122210,305
  1115,153
   10,46853588

Ein Schwerer Stein hatte in Preußen als Fleischergewicht 30 Pfund.
Ein Leichter Stein hatte in Preußen als Krämergewicht 33 Pfund.

Die Einteilung des Schiffshandelsgewichtes um 1650
LastSchiffspfundLießpfundHandelspfundKilogramm
11224033601574,400
 120280131,200
  1146,559
   10,46853588

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